Nachruf

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Offenes Schreiben des Vorstandes der ehemaligen

Schwerter MuseumsStraßenbahn e.V.

gerichtet an die Bürger in NRW und an die Stadt Schwerte

 

Seit 1994 haben mindestens sechs Bürger unseres Landes die Stadt Schwerte lieben und hassen gelernt, als nach 50 Jahren Einstellung der Hörder Kreisbahn meine ersten Straßenbahnen Schwerte erreichten.

Aus einer vorübergehenden Abstellmöglichkeit entwickelte sich eine beachtliche, einmalig vorhandene Sammlung von Straßenbahnwagen, der Grundstock für das 1996 von Bürgermeister Rudolph Pohl eröffnete Museum im entstehen!

Bereits 1995 wurden mit der ehemaligen Bürgermeisterin und Teilen der Verwaltung viele Gespräche geführt, die von allen Seiten her positiv verlaufen sind.

Aus Dortmund verscheucht, mit zwei Straßenbahnen im "Handgepäck" habe ich mich über die herzliche Aufnahme gefreut. Als dann von dem Freigelände am Güterbahnhof der Umzug nach Schwerte Ost durchgeführt werden konnte, gesellten sich bereits zwei Jugendliche zu mir, um fast täglich hart an unserem neuen Domizil zu arbeiten. Tonnenweise Müll und Wildwuchs wurden entfernt, ein Schlamm.- und Geröllberg verschoben, so daß die Bahnen einziehen konnten.

Die Begeisterung der Bürger und der Stadtverwaltung führte dazu, daß in uns unglaubliche Kräfte freigesetzt wurden, denn wir hatten ein Lebensziel. Später gesellten sich immer mehr Leute zu uns, um gelegentlich mehr oder weniger mitzuarbeiten.

Ich habe bei der Bewältigung der Arbeiten und der Fürsorge für die beiden Jugendlichen Dennis und Adrian, die sofort nach der Schule zu ihrem Museum gefahren sind, meine eigene Firma vernachlässigt und hatte nur stundenweise Zeit, für den Lebensunterhalt zu arbeiten. Später gesellte sich noch der Carsten dazu, der zunächst wegen unsinnigen Jugendsünden Sozialstunden bei uns ableisten mußte, bevor auch er einen anderen Lebensweg eingeschlagen hat. Wie in einer glücklichen Familie war ich tagsüber die Mutter, die die Jungs mit essen versorgte und der Vater, mit dem pubertäre Probleme besprochen werden konnten. An den Wochenenden und ihren Urlaubstagen kamen noch Pasqual und Björn regelmäßig dazu. Wir waren eine große Familie, wenn andere in den Urlaub gefahren sind, haben wir unser Geld und all unsere Kraft in den Gleisbau und in die Straßenbahnsammlung investiert und dieses mit größter Freude und mit stolz.

Viele unserer Besucher werden noch oft an das Ostereiersuchen denken, an unser Pfingstfest oder die Geburtstagspartys, die bei uns gefeiert wurden.

Viele Kinder werden sich noch an das Jahr 1997 erinnern, als wir für die Stadt Schwerte den Ferianspaß im Museum durchgeführt haben.

Viele ausländische Gäste der Bürgermeisterin werden sich noch an die lobenden Worte der Bürgermeisterin erinnern, die uns nicht nur einmal mit Gästen überrascht hat.

All dieses führte dazu, daß uns die ehrenamtliche Arbeit immer mehr Spaß machte und wir immer größere finanzielle Opfer in die Schwerter MuseumsStraßenbahn eingebracht haben.

Der Zusammenhalt des "harten Kerns" wurde immer stärker und es begann das Problem Lehrstellensuche für die Jungs, die inzwischen zu Männern herangewachsen sind. Aber auch hier haben wir eine Lösung gefunden und auf Anhieb hatten alle den gewünschten Ausbildungsplatz.

Auch die Tatsache, daß uns der Grundstücksspekulant Perplies schnell los werden wollte, um sein 1996 aus dem Konkursverfahren ersteigertes Nachbargelände erweitern zu können, entmutigte uns trotz aller erdenklichen Schikanen nicht! Wir standen unseren Mann und machten weiter, mit dem Ziel vor Augen, nach rund fünf Jahren etabliert zu sein.

"Geld regiert die Welt" - diesen Spruch kannten wir zwar, glaubten aber, daß dieses für Schwerte nicht zutrifft. Wie blauäugig wir waren, zeigte sich erst später!

Als wir unserem neuen Nachbarn unmißverständlich klar machten, daß wir nicht die Absicht haben, daß Gelände aufzugeben, meldete sich im Herbst 1997 die Stadtverwaltung bei uns.

Auf einmal forderte Herr Höhnemann (Bauamt) dringend ein "formloser Bauantrag". Kurze Zeit später hatte er diesen bekommen. Dann forderte er Zeichnungen und Skizzen des Geländes und hat diese bekommen. Unsere Aufzeichnungen reichten aber nicht aus und aus dem formlosen Nutzungsänderungsantrag wurde ein Bauantrag mit allen nur denkbaren Bescheinigungen. (Daß die Erde keine Scheibe ist, mußten wir nicht belegen).

Alles Geld in Straßenbahnen, Gleisbau und Halle investiert, ein Verbot, die Halle für gewinnbringende Veranstaltungen nutzen zu können machte diese Forderung fast aussichtslos. Gespräche mit dem Baudezernenten Herbert Kluge führten dazu, daß wir nun wußten, das fast jeder Architekt so etwas erstellt, - aber wie der bezahlt werden soll, hatte er uns nicht verraten! (Als Beamter hat man die Probleme mit dem Ausgeben nicht, man fordert einfach)!

Unzählige Aufrufe in der Tagespresse und Telefonate führten dazu, daß wir im Oktober 1998 den Architekten Heidbredde für uns gewinnen konnten. Am 31.12. sollte der Bauantrag vereinbarungsgemäß übergeben werden. Ich kann heute nur vermuten, was (wer) dahinter steckte, daß der Architekt erst im Januar 1999 sein Angebot zurück gezogen hat!

So wurde uns am 30. Januar 1999 auch der Fahrbetrieb untersagt! Daraufhin meldete sich ein junger Straßenbahninteressierter Jurist, der die Sache dann durch seine Überheblichkeit und seiner Selbstübereinschätzung ganz zu Fall bringen wollte. Er war der Überzeugung, die Stadt bräuchte ein Opfer - und welches böte sich besser an, als der umbequeme Andreas Herr, der sich mit seinen Jungs im Nacken nicht unterkriegen lassen wollte!

Die tatsächlichen Zusammenhänge hatte Herr Petersmann aber nicht erkannt und schnell wieder das Handtuch geworfen!

Der Schwerter MuseumsStraßenbahn e.V. war kein Verein, so wie ein Verein in Deutschland üblich ist. Jeder konnte selber den Beitrag festlegen und es wurde nicht nach Alter und Titel unterschieden - jeder der etwas geleistet hat, verdiente und bekam Anerkennung!

Vereinsmeierei wollte niemand, schließlich gab es genug wichtiges zu tun, schließlich sollte die Strecke zügig erweitert werden und unsere gesammelten Erfahrungen machten uns zu Meistern des Gleisbaus!

Daß es in unseren Reihen auch eine schwule Gruppe gegeben hat, die von den tatsächlich aktiven Mitgliedern voll akzeptiert wurde, war einigen "Spießbürgern" ein Dorn im Auge und der Vereinsvorstand fast schon als unzuverlässiger Betrüger diffamiert.

Die letzte Endtäuschung erlebten wir am 04. Mai 2000. Trotz der Zusage, daß die Zwangsräumung zurückgestellt wird, sofern ein Anwalt darlegt, daß der Verein umziehen kann, wurde die Zerstörung unseres Traums fortgesetzt.

Unser Rechtsanwalt hatte der Stadt Schwerte klar gemacht, daß man in die Halle muß, um Transporte vorzubereiten und daß eine Straßenbahn nicht so einfach in die Hosentasche gesteckt werden kann. Die Stadt gab am 14.4. die Halle frei!

Daraufhin verhandelte der Anwalt mit den Vertretern der EisenbahnImmobilien Management. Er erreichte, daß ein Teilbetrag der Kaution freigegeben wird, damit der Transport bezahlt werden kann.

Eine Transportfirma wurde gefunden, die dazu bereit war, die Transporte zu äußerst günstigen Konditionen durchzuführen. Ende Mai sollten einige Zweiachser nach Gelsenkirchen umziehen, (sofern keine Halle im näherem Bereich gefunden würde), im Juni sollte der Rest der Fahrzeuge abgeholt werden.

Von einer Reporterin des WDR erfuhr ich dann am 03.05. telefonisch, daß am 04.05.2000 versteigert würde! Für uns war das wie ein Faustschlag ins Gesicht!

Obwohl wir glaubhaft belegt haben, daß eine Transportfirma gefunden war, sind wir wieder einmal an der Nase herumgeführt worden - wahrscheinlich hatte der Baudezernent Sorge dafür, daß "sein" 1191 nicht auf den Bahnhofsvorplatz kommt! Auch Herr Petersmann hatte es von Anfang an auf den TW 290 abgesehen! (Daß es hier einen Zusammenhang gibt, ist natürlich nur eine Vermutung, denn schließlich ersteigerte Herr Goreg Lehmann den Wagen für den klugen Baudezernenten).

Die Eröffnung der Versteigerung, so beschloß die Mitgliederversammlung am 1.4.2000, bedeutet, die sofortige Vereinsauflösung. Diese wurde gestern bekannt gegeben und der Verein hat offiziell alle Wagen an die Stadt Schwerte übergeben und sich danach aufgelöst. Allerdings wurden dennoch 11 Wagen versteigert! Der blanke Hohn war, als man mich aufforderte, meine eigenen Wagen zu ersteigern!

Wer anders ist, als der allgemeine Teil der Gesellschaft, wer ohne Geld aber mit Kreativität seine Ideen zu verwirklichen vermag und dabei noch Erfolg hat, setzt sich der Gefahr aus, auf brutalste Weise psychisch niedergemacht zu werden. Dazu gibt es die "Kann - Bestimmungen" der Verwaltungen. Menschenleben, in diesem Fall unsere kleine Familie wird wie ein asozialer Abschaum einfach ausgestrichen. Junge Leute, die fast ein Viertel ihres Lebens mit ihrem Lebenswerk beschäftigt waren, jemand wie ich, der seine Existenz und alles Geld geopfert hat, um der Allgemeinheit etwas außergewöhnliches zu bieten, wird wie ein dummer Verbrecher gedemütigt! That´s Germany!


Text: A.Herr, Dortmund
Update: 22.6.00

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